ASMZ | Sicherheit Schweiz

Angriff der Allianz aufs SOG-Präsidium abgewehrt

Christian Brändli

09.03.2024

Oberst Dominik Knill führt die SOG ein weiteres Jahr. Inhaltlich will er die Kritik der «Allianz für eine starke SOG» aufnehmen und eine Zeitenwende einläuten. Offen bleibt die Zukunft der ASMZ.

Mit der Nationalhymne und dem «Einzug der Gladiatoren» ist die diesjährige Delegiertenversammlung der SOG am 9. März im Luganeser Kunst- und Kulturzentrum eröffnet worden. Die Musik könne passender nicht sein, meinte SOG-Präsident Oberst Dominik Knill in Anspielung auf die Kampfwahl um seinen Posten. Diese hatte in den letzten Wochen für einige Schlagzeilen in den Medien gesorgt. Hintergrund ist ein Streit um die strategische Ausrichtung der SOG. Eine «Allianz für eine starke SOG» um den Präsidenten der OG Panzer, Oberstleutnant i Gst Erich Muff, warf Knill verschiedene Versäumnisse vor. Unter seiner Führung habe die SOG nicht auf die fundamentale Änderung der Sicherheitsordnung in Europa reagiert, habe keine eigenständige Position mehr und sich von der Basis entfernt. «Abwarten» laute das Motto der SOG-Spitze.

Eindeutige Wahl

Die Allianz forderte Knill auf, auf eine Wiederwahl zu verzichten. Und schickte in der Folge Knills Vorgänger Oberst i Gst Stefan Holenstein ins Rennen, der mittlerweile dem Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz vorsteht. Wie sich an der Delegiertenversammlung zeigte, waren die Meinungen gemacht. Eine Diskussion gab es nicht – und auch keine schriftliche Abstimmung, wie dies von einem einzelnen Delegierten gefordert worden war. Einzig in der Begrüssung zur Versammlung hob Gastgeber Oberst i Gst Manuel Rigozzi, Präsident der Società Ticinese degli Ufficiali, die Eigenschaften hervor, die ein SOG-Präsident habe müsse: Empathie, Mut, Integrität, Demut und Führung.  

Das Resultat war eindeutig: Von den 79 zu vergebenden Stimmen vereinte Holenstein 30 Stimmen auf sich, Knill deren 44. «Ich nehme die Wahl an», quittierte dieser und betonte, dass auch hier nun eine Zeitenwende anstehe. «In einem Jahr ist die SOG neu aufgestellt.» Inhaltlich teile er viele Punkte der Allianz meinte Knill selbstkritisch. In einem Brief an die Präsidenten der kantonalen und der Fach-Offiziersgesellschaften setzte er sich sechs Schwerpunkte. So gehe es darum, die Erosion in der Alimentierung zu reduzieren, sich aktiv in die Dienstpflichtdebatten einzubringen, eine langfristige Finanzierung der Armee sicherzustellen und sich für die bewaffnete Neutralität, eine internationale Zusammenarbeit und eine starke heimische Rüstungsindustrie einzusetzen. Ausserdem unterstützt er die an der Delegiertenversammlung beschlossene Einsetzung von zwei separaten Kommissionen: eine für die Strategiefindung und eine für die Findung seiner Nachfolge. Sein sechstes Ziel, die nachhaltige finanzielle Sanierung der ASMZ, wird nach dem Entscheid der Delegierten, das Pflicht-Abo abzuschaffen (siehe Box) allerdings schon jetzt nicht in Erfüllung gehen können.

Fachoffiziere neu dabei

Die übrigen Wahlen verliefen unspektakulär. Die Bisherigen Oberst i Gst Valentin Gerig, Oberst Roger Haupt und Oberst i Gst Thomas K. Hauser wurden wiedergewählt. Neu in den Vorstand Einzug halten Oberst Carl Gustav Mez, Oberstleutnant i Gst Erich Muff, Oberstleutnant Igor Canepa, Oberstleutnant Tobias Oswald sowie Major i Gst Philipp Zumbühl.   

Auch die Rechnung 2023 und das Budget 2024, die beide einen kleinen Gewinn ausweisen, wurden genehmigt. Als Sektion neu in die SOG aufgenommen wurde die 2020 gegründete Fachoffiziersgesellschaft Schweiz. Die Schweizer Armee zählt 1260 Fachoffiziere unterschiedlicher Dienstgrade. Das sind 8,8 Prozent des Offizierskorps.

«Schweizer Armee: Es geht ums Ganze!»

Zu den Gastrednern gehörten Michele Foletti (Lega), Sindaco von Lugano, sowie der Tessiner Staatsrat Norman Gobbi (Lega). Gobbi wies darauf hin, dass der Grenzkanton in Sicherheitsfragen gefordert sei, punkto Migration, aber auch in Verkehrsfragen. Die Verbundaufgabe «Sicherheit» sei im Tessin jedenfalls sehr präsent.

Nur per Videobotschaft präsent war Bundespräsidentin Viola Amherd (Die Mitte). Die Verteidigungsministerin betonte, dass es punkto Armeefinanzen keine Differenzen zwischen ihr und dem Chef der Armee gebe. Die Armee könne sämtliche vertraglich vereinbarten Rechnungen begleichen. Die Diskussion sei entstanden aufgrund der unterschiedlichen Planungshorizonte 2030 und 2035. Wesentlich sei, dass die Schweiz in ihre Verteidigung investieren müsse.

Und hier hakte Korpskommandant Thomas Süssli ein. «Schweizer Armee: Es geht ums Ganze!», prangte hinter ihm an den Bildschirmen. Intensive Wochen lägen hinter ihm. Ganz nach dem Motto «Finances for dummies» gelte es einfacher und klarer zu kommunizieren. Es gebe nichts, was die Armee zu verstecken habe. Das gerade wieder aufgetauchte Dokument sei nichts anderes als das, was er am 1. Februar erklärt habe. In freier Rede stellte er vor, was die Schweizer Armeeführung seit dem offenen Angriff Russlands auf die Ukraine alles gemacht habe. In einer ersten Phase wurde der Eigenschutz erhöht und geprüft, welches Material und welche Infrastruktur für die Verteidigung benötigt wird. Dann präsentierte er Mitte 2023 das schwarze Buch. Darin wird ausgeführt, wie die Armee sich weiterentwickeln soll. «Wir haben ein AEK mit allen Faktoren vorgenommen», betonte der Chef der Armee – einschliesslich der Finanzen. Zentral sei, dass zurzeit die grösste Revolution in der Militärtechnologie stattfinde. Direkt sichtbar sei das beim Drohneneinsatz. So gingen in der Ukraine aktuell Zweidrittel der Systemverluste auf das Konto von Drohnen.

Die Zeitenwende müsse sich auch beim Material niederschlagen. Heute besitze die Armee nur noch das, was sie für die Ausbildung benötige. Das gilt auch bei der Munition. Wie drastisch die Situation ist, machte er am Beispiel Ukraine klar: «Die Ukraine verschiesst pro Woche so viel, wie in ganz Europa pro Monat produziert wird.» Einen Lichtblick gebe es bei der Ausbildung und der Motivation der Truppe. Dies habe sich bei einem Besuch von Verteidigungsattachés bei der Infanterieschule 2 gezeigt. Beim Gefechtsschiessen wurde auch überschossen, «das macht man im Ausland nicht». Ein ehemaliger US-Ranger habe betont, dass er einen so hohen Ausbildungsstand nach nur 15 Wochen noch nie gesehen habe.  Und alle Rekruten hätten unisono ihren Willen zur Verteidigung des Landes betont.
Reihum werde in Europa und in den USA davon ausgegangen, dass Russland nach der Ukraine schon bald auch weitere Länder angreifen werde. «Bei dieser geopolitischen Lage ist es keine Option über die Armee 2050 zu sprechen», unterstrich Süssli. Die Schweiz müsse sich selbst schnell rüsten und Kooperation mit der NATO suchen, ohne dieser beizutreten. «Es ist noch nicht zu spät.» Er appellierte an die Anwesenden, diese Sicht weiterzutragen und erhielt als Quittung einen langanhaltenden Applaus.

Der flexible Arzt und Bundesrat

Sehr flexibel zeigte sich Bundesrat Ignazio Cassis (FDP), der zum Schluss der Versammlung eigentlich in einem Gespräch Einblick in seine Arbeit als Aussenminister geben wollte. «Es ist bereits 13.45 Uhr. Ich bin Arzt und weiss, wie wichtig der Blutzucker ist. Zuerst kommt das Essen, dann die Moral.» Aber auch er nahm den Faden des CdA auf und meinte, dass die Offiziere zu einer kleinen Minderheit in der Schweiz gehörten, die verstanden habe, dass die Lage schwierig sei. «Von der Zeitwende haben wir im EDA geschrieben, bevor die Russen im Februar 2022 zum offenen Angriff übergingen.» In einer Demokratie sei es nicht möglich, jetzt nur noch Geld für die Armee zu sprechen. Doch er rief alle dazu auf: «Kämpfen Sie für die Anliegen der Armee.»      


Pflichtabonnement für ASMZ wird abgeschafft

Eine Überraschung setzte es an der SOG-Delegiertenversammlung ab, als es um die Zukunft der ASMZ ging. Nach vielen Jahren sollte der Abonnementspreis nach oben angepasst werden. Für die elf gedruckten Ausgaben sollte neu 45 Franken gezahlt werden. Wer nur die digitale Ausgabe erhalten wollte, sollte wie bisher 30 Franken zahlen. Doch bis zu dieser Abstimmung kam es gar nicht erst, da die Aargauer Offiziersgesellschaft (AOG) den Antrag stellte, das seit Jahrzehnten in den SOG-Statuten festgeschriebene Pflichtabo für die deutschsprachigen Einzelmitglieder auf Anfang 2025 zu streichen. Oberstleutnant Ulrich Price, AOG-Präsident, begründete seinen Antrag vor den Delegierten damit, dass die «heilige Kuh» ASMZ lange nicht angetastet worden sei. Von ihnen vorgenommene Analysen hätten ergeben, dass sie effektiv nur noch wenig gelesen werde. «Die ASMZ ist eine Militärzeitschrift wie viele andere, aber kein Organ der SOG», fand er. Zudem bestehe die Befürchtung, dass bei einer Preiserhöhung viele Mitglieder abspringen würden. Price schob noch nach, dass auch eine Abschaffung des Pflichtabos nicht das Ende der ASMZ sei.

Dem hielt SOG-Präsident Oberst Dominik Knill entgegen, dass die SOG dann die ASMZ nicht mehr wie heute herausgeben könne und die ASMZ so Ende Jahr eingestellt werden müsse. Doch die Mehrheit der abstimmenden Delegierten liess sich davon nicht beeindrucken. 39 sprachen sich dafür aus, dass das Pflichtabo aufgehoben wird, nur 33 wollten es beibehalten. Der Rest der 79 anwesenden Delegierten enthielt sich der Stimme. In der Folge wurde über die traktandierte Abopreiserhöhung nicht mehr abgestimmt. Ob es nach diesem Entscheid der Delegierten noch in irgendeiner Form eine Zukunft für die ASMZ gibt, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen. 
 

 

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