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Axalp 2022 mit dem F-35 als Überraschungsgast

Hans Tschirren

Auf der Axalp-Ebenfluh haben vom 18. bis 20. Oktober die alljährlichen Flugvorführungen der Schweizer Luftwaffe stattgefunde. Je rund 4000 Personen erlebten in der 80. Runde während 90 Minuten die Fähigkeiten der Luftwaffe hautnah mit. 

Bereits bei der Hinfahrt Richtung Flugplatz Meiringen bemerkt man schnell: Hier ist ein perfekt eingespieltes Team von Miliz und Berufsorganen am Werk. Militärpolizei ist allgegenwärtig und sorgt für einen geordneten und ruhigen Betrieb. Besucher und Besucherinnen dieses Anlasses werden gestaffelt auf den Flugplatz geführt. Shuttlebusse erleichtern den Zugang zum Flugplatz für jene, die zu den Glücklichen gehören, die einen Heli-Transport geniessen dürfen. Wer wie die Mehrheit der Flugbegeisterten den Weg hoch zum Zuschauerbereich im Raum Ebenfluh zu Fuss in Angriff nehmen muss, kann entweder mit einem Shuttle-Bus zur Talstation Axalp oder gleich ab Bahnhof Meiringen mit dem Bus zur Talstation fahren. Ein kurzer Lift, welcher im Winter als Skilift dient, kürzt den anstrengenden Weg ein wenig ab. Viele der Besucherinnen und Besucher kennen sich seit Jahren, manche nehmen sogar ihre Fondue-Ausrüstung mit auf den Berg.

Die Luftwaffe hat es geschafft, diesen Anlass in all den Jahren zur Perfektion auszufeilen. Nichts wird dem Zufall überlassen. Man kennt beinahe jeden Hügel, jede Kuppe und man kennt auch gewisse Pappenheimer, die wohl denken, man entdecke sie nicht. 45 Minuten vor dem Startschuss wird das gesamte Gelände per Heli gründlich überprüft. Wer sich in der Sperrzone bewegt, "darf" zurück ins Tal marschieren. Zweck dieser Kontrollflüge ist aber auch die Beobachtung des Wildes. Niemand hier will den Tieren Schaden zufügen.

Ein dichtes Programm

Dann kurz vor 14 Uhr begrüsst die Luftwaffe über Lautsprecher die überall gut platziert wurden, die Gäste und orientiert kurz über die Geschichte des Axalpschiessens. Dann wird es anspruchsvoll und Attraktionen auf Attraktion folgt Schlag auf Schlag.

1400: Vier Hornets eröffnen aus Westen kommend mit Flares das Axalp-Schiessen. Der Sound, das kraftvolle Vibrieren der Luft, das rasante Durchfliegen des Tals mit über 600 km/h und die exakte Flugbahn zeigen zum Auftakt, was diese jungen Piloten drauf haben. Keine Zeit zum Durchatmen.

1405: Kanonenschiessen "Kleeblatt". Aus Westen, von Süden, schliesslich aus Norden schiessen die F/A-18 mit kurzen Salven auf die Erdziele. Man sieht sofort, sie treffen! Der Staub wirbelt auf. Und wenn man denkt, es sei vorüber, kommen sie schon wieder aus der anderen Richtung. Es ist kaum möglich, der Kadenz zu folgen und zur richtigen Zeit in die richtige Richtung zu schauen.

1410: Kurze Verschnaufpause, denn jetzt zeigt der Könner im Cougar, was Nervenkitzel im Cockpit heisst. Während sieben Minuten sieht man das, was man für unmöglich hält. Nein, dieser Heli kann keine echten Loopings fliegen. Aber es sieht so aus. Wenn er senkrecht im 90-Grad-Winkel mit der Nase in den Himmel hochzieht, um gleich danach wieder senkrecht Richtung Erde beschleunigt, kann man sich kaum vorstellen, wie sich das im Heli anfühlt. Denn das Ganze findet nicht etwa in grosser Höhe, sondern nahe über Grund statt.

1425: Es ist Zeit für die Überraschung. Der Speaker ist hörbar begeistert und aufgeregt. Aus Westen kommen F/A-18 in Begleitung einer italienischen F-35. "Que bello" ! Der beste Kampfjet der fünften Generation kommt zu Besuch. Die Italiener fliegen mit zwei F-35 als Premiere an unser Axalpschiessen.

1430: Ich habe Mühe, die Zeiten zu notieren, wann was passiert und gleichzeitig Fotos zu machen. Jetzt geht es um Air Policing. Zwei Heli begleiten einen Eindringling in den gesperrten Luftraum und zeigen, was passiert, wenn man versucht, in militärisches Sperrgebiet einzudringen. Meistens sind es ja ungeübte Privatpiloten, die auf der falschen Frequenz oder sonst ein wenig "abwesend" sind. Die werden dann von der Luftwaffe höflich aus der Gefahrenzone begleitet. Kurz darauf wird das gleiche Prozedere mit dem ehemaligen Bundesrat-Jet vorgeführt. Hier durfte der schöne Jet ein letztes Mal zeigen, wie elegant diese Maschine ist.

1450: PC-7, PC-21 und eine Hornet in schöner Formation. Der langsamste muss ein bisschen Schub geben, damit die Hornet nicht zu langsam fliegen muss.

1500: Jetzt hat die Hornet die Bühne wieder für sich alleine und zeigt, was sie drauf hat. Ein solches Solo-Display ist wohl etwas vom Eindrücklichsten, was Flugbegeisterte sich wünschen können. Die Steigfähigkeit, Wendigkeit und Ästhetik sind wundervoll.

1510: Diese knackige und aufdringliche Propeller-Turbinen-Musik ist wundervoll! Im Gegensatz zu den nur kurzen Genüssen von Jets kann man hier quasi Vor-, Haupt- und Nachspeise in aller Ruhe zu geniessen. Der PC-21-Trainer ist nichts für schwache Nerven. Wer hier erfüllt, ist parat für den Jet. Wer den PC-21 im Griff hat, darf auf die F-35.

1515: Mit denen, die jetzt hier auf die Bühne treten, sollte man sich besser nicht anlegen! Das KSK (Kommando Spezialkräfte) ist eine handverlesene Sondereinheit. Zuerst wird die Lage sondiert, bevor die Spezialisten sich über vom Heli abseilen und sofort in Stellung gehen. Der Gegner wird umgehend unter Feuer genommen, während ein Trupp eine Stellung mit einer Panzerfaust neutralisiert. Umgehend wird das Einsatzkommando wieder vom Heli aufgenommen. Da eine Landung im unwegsamen Gelände nicht möglich ist, wird die Einsatztruppe über die "Perlenschnur" aus dem Kampfgebiet zur nächsten, sicheren Geländekammer evakuiert.

1530: Grande Finale! Darauf freuen sich alle, unsere preisgekrönte Patrouille Suisse! Sie schliesst diesen aktionsreichen und eindrücklichen Tag ab. Und es ist nie so ganz genau das Gleiche. Denn sie müssen sich dem Terrain anpassen. Leider war es angesichts der schwierigen Lichtverhältnisse nicht ganz einfach, gute Bilder zu machen. Und als charmanter Abschiedsgruss wird ein Herz in den Himmel gezeichnet.

Im Weltkrieg gegründet

Es war General Henri Guisan persönlich, der den systematischen Waffeneinsatz Luft–Boden und das dazugehörige Training ausdrücklich befahl. Am 15. Juli 1942 führten Teile der 7. Division auf der Schwägalp eine Demonstration der Fähigkeiten der Gebirgskampftruppen durch. General Guisan hatte neben einigen Heereseinheitskommandanten auch die Militärattaches der Achsenmächte eingeladen. Die Infanteristen überzeugten durch Können und vorbildlichen Einsatz. Die Treffsicherheit der fliegenden Besatzungen überzeugte dagegen gar nicht, da viele Bombeneinschläge ausserhalb der Ziele lagen und die MG- und Kanonen-Garben eine grosse Streuung aufwiesen (zur Ehrenrettung der Piloten muss bemerkt werden, dass die Flugzeuge erst seit wenigen Wochen entsprechend ausgerüstet waren).

Oberst Magron, der zuständige Schiessoffizier der Fliegertruppen, begründete diesen Misserfolg mit der fehlenden Ausbildung der Piloten. Der General erteilte daraufhin den folgenden Befehl: "Alle Besatzungen von Kampfflugzeugen sind im Waffeneinsatz zur Unterstützung der Erdtruppen im Gebirge auszubilden. Mit der Ausbildung ist umgehend zu beginnen. Der kriegsfähige Ausbildungsstand der Flieger ist baldmöglichst, spätestens bis Ende März 1943 zu erreichen und dem OBA zu melden." Die Ausbildungsmöglichkeiten zum "Flieger-Einsatz im Reduit" waren damit gegeben. Einen weiteren Vorteil dieser Gegend stellte die unmittelbare Nähe des Militärflugplatzes Meiringen dar.

In der ersten Septemberwoche 1942 wurde ein erstes formelles Versuchsschiessen durch Piloten des Ueberwachungsgeschwaders (UeG), mit zwei Flugzeugen C-35 und drei Morane D-3800, durchgeführt. Es bestätigte sowohl die bisherigen Abklärungen bezüglich Eignung des Geländes für die zielgerichtete Ausbildung der Flugzeugbesatzungen, als auch bezüglich der Anforderungen an die Sicherheit. Umgehend wurden die weiteren Vorkehrungen getroffen, um eine provisorische Bereitschaft für den Beginn des Schiessbetriebs zu gewährleisten. Am 7. Oktober 1942 begann die Ausbildung der Piloten der Fliegerstaffel 20 im Rahmen eines Trainingskurses für den Erdkampfeinsatz im Gebirge auf der Axalp. Mit den zwei unterschiedlichen Ziellagen war es möglich, den Anflug, die Zielerfassung im coupierten Gelände sowie den Wegflug in der Geländekulisse und das Verschwinden in die Deckung zu trainieren. Die erste Ausbildungsperiode dauerte vom 7. Oktober 1942 bis 30. April 1943. An 97 Schiesstagen kamen 186 Piloten der 18 Fliegerkompanien zum Einsatz. Damit war der Auftrag des Generals vom Juli 1942 erfüllt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Fliegerschiessplatz Axalp ausgebaut und erweitert. Neue Ziellagen wurden erstellt, um für alle Waffen die entsprechenden Übungen durchführen zu können. Das sehr coupierte Gelände erlaubte Angriffswinkel von 0° bis 30° Stechwinkel. Im Dezember 1949 erfolgte der erste Schiessflug eines Düsenflugzeugs vom Typ De Havilland DH-100 Vampire. Der "exotische" Fliegerschiessplatz Axalp weckte auch die Neugier ausländischer Luftwaffen. Am 17. und 18. Februar 1950 besuchten der britische Generalfeldmarschall Montgomery und der britische Generalluftmarschall Lord Tedder eine entsprechende Demonstration. Die beiden kriegserfahrenen Offiziere zeigten sich sehr beeindruckt von den fliegerischen Leistungen. Der dissuasive Zweck dieser Einladung war damit erfüllt. Ab 1956 wurden die ausländischen Militär- und Luftattachés sowie hohe Offiziere regelmässig zu solchen Flieger-Demonstrationen eingeladen. Dieses Gewohnheitsrecht wurde immer mehr ausgebaut und die Anzahl der Gäste nahm ständig zu. Auch die in- und ausländische Presse zeigte sich sehr interessiert an den Vorführungen.

Am 15. April 1965 wurde unter dem Patronat von Bundesrat Chaudet und Korpskommandant Studer zu einer eigentlichen Pressedemonstration eingeladen. Auf der Krete Tschingel/Axalphorn wurde ein neuer Schiess-KP gebaut und daneben ein Helikopterlandeplatz eingerichtet. Der Bau und die Inbetriebnahme (23. März 1960) einer permanenten Personen-Seilbahn bewirkte eine grosse Erleichterung für den Schiessbetrieb. Dies ermöglichte den direkten Transport von Personen und Material zwischen der Talsohle (Stegmatte Höhe 570 m ü.M.) und dem neuen Schiess-KP (Höhe 2’243 m ü.M., Höhendifferenz 1’673 Meter). Die Fahrzeit zwischen dem Flugplatz und der Seilbahn Talstation beträgt etwa zehn Minuten, und der Schiess-KP ist somit vom Flugplatz aus in einer halben Stunde sicher zu erreichen. Diese neue Transportmöglichkeit erhöhte die Flexibiltät des ganzen Betriebs enorm. Mitte der 1960er Jahre wurden die Alouette III Helikopter eingeführt. Die "höheren" Gäste kamen dadurch zu einem weiteren spektakulären Erlebnis im Gebirge. Das Demonstrationsprogramm konnte mit diesem neuen Gerät durch Rettungsübungen (mit Seilwinde) und Feuerlöscheinsätze erweitert werden. Mit den Jahren nahm das Ausmass der Helikopter-Transporte derart zu, dass die Heli Piloten diese Aktionen seither als "Big Lift" (bis 600 Personen) bezeichneten. Die Bevölkerung und Behörden aus dem Raume Brienzersee und Haslital erhielten für die Demo 1986 gezielt Einladungen zum Besuch des Fliegerschiessplatzes und der Demonstrationen. Dadurch konnte die Akzeptanz der Institution Axalp gefestigt werden. Ab diesem Zeitpunkt suchten und fanden immer mehr zivile Besucher den Weg (anderthalb Stunden) vom Weiler Axalp über den Tschingelweg in die Region des KP. Im Laufe der Zeit wurden mobile Toiletten und Verpflegungsstände eingerichtet.

Bis in die heutige Zeit ist der "Kanonenparcours 6a bis f" eine der spektakulärsten Vorführungen. Vier Zweierpatrouillen schiessen mit Kanonen auf drei verschiedene Ziele aus drei verschiedenen Richtungen und verschwinden nach der Schussabgabe hinter den angrenzenden Bergen in Deckung. Der Gebirgsschiessplatz Axalp wurde seit seiner Eröffnung 1942 regelmässig jeweils von Oktober bis Mai vor allem für die Schiessausbildung und das Schiesstraining aller Piloten benutzt. Die jährliche Fliegerschiess-Demonstration war immer nur ein "Fenster" für die eingeladenen Gäste und die zahlreichen Fliegerfans.

Der erstmalige Auftritt des F/A-18 Hornet im Herbst 1998 markierte eine neue Ära in der Schweizerischen Luftwaffe. Die ausserordentliche Leistungsfähigkeit und Vielseitigkeit begeisterte Piloten und Zuschauer und kommt in dieser Umgebung speziell zur Geltung. Markant war und ist die hohe Kadenz der 20mm Gatling-Kanone. Seit dem Herbst 2005 wird die Flugshow durch den mittleren Cougar-Transporthelikopter eröffnet. Es ist sehr beeindruckend, wie ein derart schweres, aber starkes Fluggerät auch im Hochgebirge zu manövrieren in der Lage ist. Am 11. und 12. Oktober 2006 nahmen erstmals zwei ausländische Kampfflugzeuge an der Schiessdemonstration teil. Es handelte sich um eine Dassault Mirage F1CR der französischen Luftstreitkräfte Armée de l’Air. Möglich wurde dies durch den Pilotenaustausch zwischen Frankreich und der Schweiz für Training und Ausbildung. So flog an diesem Anlass ein Schweizer Pilot eine der beiden Mirages F1CR, ein französischer Pilot die Schweizer F/A-18 Hornet.

Mit der Zeit entwickelte sich der zahlenmässige Aufmarsch von Zuschauern zur Axalp in die Tausende. 2010 wurde die Zufahrtsstrasse zur Axalp für den öffentlichen Verkehr gesperrt, aber ein umfangreicher Shuttle-Betrieb von und nach Brienz eingerichtet (nur für Frühaufsteher geeignet). Im Herbst 2011 musste die Fliegerdemo abgesagt werden, da die Armee dringend zu Hilfeleistungen nach dem Unwetter vom 10. Oktober 2011 ins Berner Oberland und ins Wallis gerufen wurde. Im Herbst 2016 ereigneten sich leider zwei tragische Flugunfälle bei der Luftwaffe. Ein Kamerad stürzte im Sustengebiet mit dem F/A-18 ab und auf dem Gotthardpass zwei Piloten mit dem Super Puma. Aus Pietätsgründen wurde deshalb die Fliegerdemonstration auf der Axalp abgesagt.

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