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Das Geb Inf Bat 29 übt in Walenstadt den Häuserkampf

Im September 2022 hat das Schwyzer Geb Inf Bat 29 in Walenstadt intensiv Angriff und Verteidigung im überbauten Gebiet geübt.

Der neue Bat Kdt, Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, früher BO Inf und jetzt an der Universität Luzern tätig, schwor seine rund 800 Kader und Mannschaft bereits an der Fahnenübernahme vor malerischem Walensee- und Churfirsten-Panorama auf die fordernden Aufgaben und hohen Zielsetzungen dieses WKs ein. Auffallend: Nebst dem Miliz-Bat Kdt standen vor den fünf Kompanien vier Milizoffiziere.

Zurück zur Verteidigung

In den vergangenen Jahren wurden in Übungslagen sehr oft Einsätze im unteren Eskalationsspektrum trainiert. So ging es etwa um illegale, auch nichtstaatliche Kämpfer, welche isoliert, entwaffnet, gefangen genommen und allenfalls ganz ausgeschaltet werden sollten. Im Infanteriereglement wird dies „Zernierung“ genannt. Für den FDT 2022 schlug der Kdt Geb Inf Bat 29 seinem Vorgesetzten, Div Lucas Caduff, Kdt Ter Div 3, vor, den Fokus ganz auf die Verteidigung eines glaubwürdig gehärteten Stützpunktes zu setzen, welcher von einer Kompanie auf Gegenseitigkeit angegriffen werden sollte. Gesagt, bewilligt und getan: So wurde das Häuserkampfdorf Äuli in der Paschga Walenstadt mit rund 30 Tonnen Stahlspinnen, Stacheldraht, Fässern, Gittern und Sandsäcken gehärtet und zu einer wahren Festung ausgebaut. Ziel der zweiten WK-Woche war es dann, in den beiden auf Gegenseitigkeit angelegten Kompanie-Übungen AVENGERS und DEFENDERS im urbanen Gelände eine angreifende und eine verteidigende Kompanie aufeinander prallen zu lassen.

Nachdem schon im KVK mit allen Kadern in der U GERONIMO auf den Stufen Gruppe und Zug intensiv auf das grosse WK-Ziel hingearbeitet worden war, kämpften beim Besuch der ASMZ die Geb Inf Kp 29/2, unterstützt durch Teile der Geb Inf Stabskp 29 sowie der Geb Inf Ustü Kp 29/4 mit ihren Minenwerfern, den Aufklärern sowie Scharfschützen. Die Minenwerfer waren auf der Wichlenalp im scharfen Schuss tätig. Deren Feuer konnte jedoch in der KIUG-Anlage Äuli glaubwürdig simuliert werden (siehe auch Kasten zum Ausbildungszentrum). Die Aufklärer betrieben im Wald oberhalb und südlich des Häuserkampfdorfes einen Beobachtungsposten und versorgten die Verteidiger mit wichtigen Informationen über die Angreifer, und dies bereits während des Stellungsbezugs in der vorangehenden Nacht. Von diesem Posten aus gelang den Scharfschützen mit ihren leistungsfähigen finnischen Scharfschützengewehren mit hochmodernen Zielfernrohren der eine oder andere Abschuss im 500 Meter entfernten Dorf.

Angesprochen auf die grössten Herausforderungen als verteidigender Verband meinte Hptm Chasper Kindschi, Kdt Geb Inf Kp 29/2: «Die Verbindungen zu meinen Zugführern in den einzelnen Gebäuden halten, ohne aus dem Kompaniegefechtsstand viel zu sehen, ist wohl die grösste Herausforderung. Wirklich führen und Schwergewichte im Häuserkampf bilden ist nur möglich, wenn Kompaniekommandant und Zugführer die Deckung verlassen, um mehr zu sehen!»

Anspruchsvoller Angriff

Angreifender Verband in der U AVENGERS war beim Besuch die Geb Inf Kp 29/3, geführt durch Hptm Alexander Lehmann. Eine ungemein schwierige Aufgabe, wie sich rasch zeigte. Gegen eine «gehärtete Festung Äuli» erfolgreich zu sein erfordert mehr Mittel, als die Komapnie mit ihren Korps- und persönlichen Waffen sowie mit der Feuerunterstützung der nachgeführten Piranha und GMTF-Mannschaftstransportfahrzeuge einsetzen kann. Und so ein Angriff will im Detail geplant sein und braucht entsprechend viel Zeit. Hautnah wurde der Kriegserfahrungswert erlebt, dass es einen Kräfteansatz von etwa 5 zu 1 zwischen Angreifer und Verteidiger braucht, um den Angriffserfolg im urbanen Gelände erzwingen zu können. Trotz noch vielen unschönen Gefechtsbildern, welche in diesem ersten Übungsdurchlauf zu sehen waren, konnte die Kp 3 durch überraschende Aktionen und gezielten Nebel- und Waffeneinsatz doch den einen oder andern Teilerfolg erzielen.

Geschickt, mit anschaulichen Film- und Funkbeispielen untermauert, legte der Bat Kdt bei der Übungsbesprechung im grossen Filmsaal des Übungsleitungszentrums den Finger auf die wunden Punkte. Bei einem späteren Telefongespräch erzählte er mit hörbarem Stolz, dass im Verlauf der zweiten WK-Woche, in welcher jede Kompanie je einmal als Verteidiger und Angreifer zum Einsatz kam, signifikante Fortschritte erzielt wurden. Erfreulich war auch, dass das Geb Inf Bat 29 über genügend eingeteilte Kader und ausreichend Soldaten verfügt.

 

Das Ausbildungszentrum der Armee (AZA)

Als schlagkräftiges Team zusammen mit Thales betreibt das AZA unter der Leitung von Oberst i Gst Ronald Drexel in Walenstadt / St. Luziensteig und in Bure je ein Gefechtsausbildungszentrum (GAZ): Diese zählen zu den modernsten Europas.

Jedes GAZ verfügt über zwei Systemplattformen: SIMUG (Simulations-Unterstützung für Gefechtsübungen) und SIMKIUG (Simulations-Unterstützung für den Kampf im überbauten Gebiet). In den GAZ Walenstadt (Dorf Äuli) und Bure (Dorf Nalé) stehen zwischen 20 und 30 Gebäude für den Häuserkampf zur Verfügung, welche alle mit modernster Simulationstechnik ausgestattet sind. Zahlreiche Sensoren, Tag/Nacht-Kameras und Ultraschallsensoren sind in den Gebäuden und auf dem umliegenden Gelände eingebaut. Hinzu kommen mobile Videoteams sowie Drohnen für Luftaufnahmen. Standorte von Soldaten oder Fahrzeugen können bis auf einen halben Meter genau erfasst werden, auch innerhalb der Gebäude. Dort werden die AdA über GPS und Ultraschallortung lokalisiert. Vom Einzelschützen bis zur Bat/Abt-Stufe kann alles geübt werden. Pro GAZ können bis 100 Fahrzeuge und 600 Mann gleichzeitig trainieren.

Die Vorteile der Live-Simulation liegen auf der Hand: Die Darstellung realistischer Gefechtssituationen wäre im scharfen Schuss nicht möglich. Kader und Mannschaft erleben glaubwürdige Gefechtssituationen im immer wichtiger werdenden Orts- und Häuserkampf, unterstützt durch verschiedenste Effekte und Waffenwirkung (Laser). Selbst Artillerie- und Minenwerfer-Feuer werden mittels Signaturkörpern realistisch markiert.

Jedes GAZ wird durch einen Oberst geführt, der auch gleichzeitig Waffenplatzkommandant ist. Der Leitzentrale steht ein Oberstlt vor, der auch Ansprechpartner der übenden Bat/Abt ist. Die Übungsleitung wird durch den trainierenden Milizverband gestellt (Bat Kdt, Kp Kdt) und in Bat/Abt-Übungen durch den Kdt Gs Vb. Während in Bure vor allem Mechanisierte und Infanterie-Verbände trainieren, kommen in Walenstadt in erster Linie Inf Bat zum Einsatz.

Die Übungsleitung ist online mit den Übenden verbunden. Nebst Video- und Drohnenaufnahmen wird auch der gesamte Funkverkehr aufgezeichnet. In Zwischenbesprechungen und nach Abschluss des Trainings ist die Übungsleitung mit anschaulichen optischen und akustischen Beispielen befähigt, der Truppe glaubwürdig aufzuzeigen, was gut war und wo noch Verbesserungsbedarf besteht. Dabei liegt das Schwergewicht der Auswertungen auf den Führungstätigkeiten der Kader.

Seit Jahren hat die Armee auf den GAZ intensiv und erfolgreich mit Ruag Simulation und Training zusammengearbeitet. Im Frühling 2022 hat Thales die Ruag abgelöst. Thales betreibt die Trainingszentren im Auftrag des AZA. Damit können die GAZ-Nutzer sich ganz auf den Ausbildungs- und Übungsauftrag konzentrieren. Um ein realistisches Training zu gewährleisten, ist alles Material, von der Bekleidung über die Waffen bis zu den Pneufahrzeugen und Panzern, vorhanden. Jedes Fahrzeug wird mit einer entsprechenden Anzahl von Sensoren (Empfänger und Reflektor) ausgestattet. Bei Waffen kommt noch ein Lasersensor dazu. Thales kann innert sechs Stunden rund 600 Mann mit der Lasersimulations-Ausrüstung ausstatten. Das entsprechende Material lagert in den einzelnen GAZ.

Ernesto Kägi

 

ASMZ Digital ABO

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