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PILUM 22: Gren Bat 20 nimmt einen Warlord gefangen

Während der achttägigen Truppenübung PILUM 22 ist es im Häuserkampfdorf Stierliberg auf dem Waffenplatz Reppischtal zu einer spektakulären Gefangennahme im Auftrag der Kantonspolizei Zürich gekommen. Miliz-Grenadiere haben in der Person des „Warlord vom Säuliamt“ eine hochrangige, militante Zielperson festgenommen.

Ernesto Kägi

Es dunkelte an jenem Samstag, 26. November 2022 am frühen Abend bereits ein, als Div René Wellinger, Kdt Heer als Gesamtübungsleiter, Br Gregor Metzler, Kdt der beübten Mech Br 11 und Oberst i Gst Thomas Ineichen, Übungsleiter der Übung STIERLIBERG, auf dem Waffenplatz Reppischtal in Birmensdorf die Journalisten ins Übungsszenario einführten.

Die Übungssituation: Die Kantonspolizei Zürich bat die Armee vor ein paar Tagen, da sie in der aktuellen Lage selbst zu wenig Kapazitäten für einen solchen Einsatz hatte, mit Grenadieren des Kommandos Spezialkräfte (KSK) und weiterer Armeeunterstützung ein sogenanntes High-Value-Target möglichst lebend und unverletzt gefangen zu nehmen. Das Problem: Dieser hielt sich mit 20 bis 40 Kämpfern (AdA der Infanterie-Durchdienerschule Reppischtal) im Dorf Stierliberg verschanzt. Für den Kdt Heer war diese Übung ein weiteres Puzzle-Teil um herauszufinden, ob ein aus verschiedenen Truppenteilen zusammengewürfelter Verband eine schwierige Lage meistern kann. Die Übung war bereits einmal Freitagnacht durchgespielt worden, jedoch noch mit zu vielen Unwägbarkeiten. Im Sinne eines Lerneffektes wurde sie deshalb am Samstag wiederholt.

Heterogener Kampfverband

Seit drei Tagen hatten Beobachtungsorgane das Verhalten des „Warlord vom Säuliamt“, wie ihn ein Grenadier nannte, beobachtet. Es galt festzustellen, wann er jeweils aus seinem Versteck kam, auch mit wie stark bewaffneter Mannschaft und allenfalls mit welchen Fahrzeugen, und wann er zurückkehrte oder wie sein Tagesablauf aussah.

Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde folgender Verband mit klar zugewiesenen Aufgaben zusammengestellt: Ein zehn Mann starkes Detachement (Miliz) des Gren Bat 20, welches dem KSK unterstellt ist, sollte den eigentlichen Zugriff auf die Zielperson und seine Entourage durchführen. Zwei Geb Inf Z der Geb Inf Kp 7/3 sollten die Grenadiere unterstützen, den gefangen zu nehmenden Anführer von den Gren übernehmen und der Polizei zuführen, dazu die Nachbargebäude säubern und allenfalls das Grenadierdetachement herausholen, falls dieses im Zielhaus eingeschlossen würde.

Den Infanteristen wurde ein Panzerzug des Pz Bat 13 unterstellt. Nebst abschreckender Wirkung sollten die Panzer im schlimmsten Fall eine oder mehrere Breschen ins Zielhaus schiessen, um notfalls die Grenadiere so zu befreien. Zusätzlich erhielt die Geb Inf Kp 7/3 einen Kodiak-Bergepanzer des Pz Sap Bat 11 unterstellt, welcher vor allem. Hindernisse auf den Dorfstrassen in Stierliberg beseitigen sollte. Nebst den Piranha- Radschützenpanzern und den geschützten Mannschaftstransportfahrzeugen (GMFT) der Geb Inf wurde auch ein Sanitätsfahrzeug mitgeführt.

Lautloser Angriff aus der Dunkelheit

Die beiden Geb Inf Z operierten von einem Bereitstellungsraum Reppischtal aus, der Pz Z befand sich in einem Bereitschaftsraum Aesch. Während die Grenadiere sich lautlos am Dorfrand von Stierliberg bereitmachten, zogen die Gebirgsinfanteristen ihre Piranha, GMTF und den Sanitätspanzer über Hafnerberg bis in die letzte Deckung am Waldrand nördlich Stierliberg vor. Die Grenadiere stiegen ohne Licht und Lärm ins Zielhaus ein. Gleichzeitig stiess der Geniepanzer Stahlspinnen von den Dorfstrassen und verschwindet wieder in der Dunkelheit. Ein erster Leopard rollte ebenfalls an.

Ungewöhnlich lang blieb es mäuschenstill im Zielhaus. Die Grenadiere durchsuchten mit ihrer speziellen Häuserkampftaktik vorsichtig Raum um Raum. Dank der auf Spezialhelmen montierten Restlichtverstärkern ging alles ohne Licht. Nach ersten Schüssen aus Sturmgewehren und leichten Maschinengewehren waren im Haus laute Rufe wie „Nachrücken! Auf den Boden! Hände auf den Rücken!“ zu hören – und immer wieder Schüsse und einzelne Handgranaten-Detonationen.

In der Zwischenzeit rückten abgesessene Infanteristen hinter ihren Piranhas bis in die Nähe des Zielgebäudes vor. Bei diesem Manöver kam es zu einem echten Zwischenfall, als der erste Piranha in der Dunkelheit von der Dorfstrasse abkam und seitlich Richtung in eine tiefe Grube fuhr. So kommt es zu einer Übung in der Übung (siehe Kasten). Im Zielhaus gelang es währenddessen, den gesuchten Anführer lebend, aber leicht verletzt mit Kabelbindern zu fesseln. Die Infanteristen säuberten mit deutlich mehr Lärm ein Nebengebäude von feindlichen Kämpfern.

Aus dem Obergeschoss wurde der „Warlord vom Säuliamt“ heruntergehievt, fixiert, bewacht und sanitarisch betreut – und der Polizei zur Befragung übergeben.

Signifikante Leistungssteigerung

Ein Grenadier und ein Infanterist brachten es auf den Punkt: „Wir sind begeistert von solchen Übungen. Es ist für uns Soldaten um einiges spannender als andere Einsätze, vor allem solche im Theoriesaal!“

Übungsleiter Oberst i Gst Thomas Ineichen, der während der Übung eine Schrecksekunde zu überstehen hatte, als der Piranha von der Strasse abkam, zeigte sich mit dem zweiten Übungsdurchgang sehr zufrieden: „Das Übungsziel, den militanten Anführer lebend zu fesseln und an die Polizei auszuhändigen, ist geglückt. Zudem haben die verschiedenen Einsatzkräfte sehr gut zusammengearbeitet. Und auch die zeitgenaue Bereitstellung der Panzerfahrzeuge für die Übernahme und den Abtransport des High-Value-Target hat gut geklappt. Die einzelnen Truppenteile hatten immer Funkverbindung zu einander.“

Die Übung in der Übung

Glimpflich abgelaufen ist für die Besatzung des Front-Piranhas ein Unfall während der Annäherung Richtung Zielgebäude im Dorf Stierliberg. Der Panzer kam in der Dunkelheit von der Strasse ab, sackte seitlich in eine tiefe Grube ab und wäre beinahe umgekippt. Einzig die vier linken Räder krallten sich am Abhang noch in die Erde neben der Strasse ein. Die Mannschaft konnte sich unverletzt aus dem Fahrzeug retten. Später stabilisierte der Bergepanzer mit zwei Stahlseilen den Piranha von hinten, damit dieser bei der Bergung nicht doch noch umkippen und ganz in die Grube fallen konnte. Von vorne befreite ein Leopard mittels Stahlseil den Schützenpanzer aus seiner ungemütlichen Lage befreit.

Apropos Unfällle: Der beübte Br Gregor Metzler zeigte sich am 27. November im Bareggtunnel gegenüber dem Korrespondenten der ASMZ sehr dankbar und zufrieden: „Es kam zu keinem einzigen Unfall während der U PILUM 22.“

 

 

 

 

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